Was macht man(n) wenn es Winter wird und man seine freien Abende jetzt irgendwie ohne Motorrad Touren rumbringen muss? Richtig - man(n) greift zum Schraubenzieher und steckt nur wenige Minuten später bis zu den Ellenbogen in altem Getriebeöl.
Nach fast 15 Jahren geht es endlich los - die zu Hause im Schuppen auf ihre Wiederbelebung wartende Jawa 350 (Typ 354) hat es, teilweise zerlegt, auch endlich ins Schwabenland geschafft. Ob ich es tatsächlich hinbekomme den Haufen gut eingeölter Eisenteile wieder in eine fahrbares Motorrad zu verwandeln weiß ich selber noch nicht sooo genau. Mal sehen was der Winter so bringt ...
Teil 1: Zerlegen und Sichten
Nachdem ich das Teil vor einigen Jahren für eine symbolische Mark von einer Bekannten gekauft hatte wurde das Mopped (mehr oder weniger fachgerecht) von mir und einem Freund schon mal grob zerlegt und gereinigt. Danach stand es dann - Mangels Zeit und eigener Werkstatt - fast 15 Jahre bei meinen Eltern im Schuppen und wartete. Jetzt hatte ich endlich eine eigene Werkstatt und die Möglichkeit, das Projekt wieder in Angriff zu nehmen.
Zunächst musste der Haufen Alteisen aber erstmal vollständig zerlegt und jedes einzelne Teil gesichtet und geprüft werden. Noch gibt es genug Ersatzteile und da bietet es sich an, verschlissene oder beschädigte Teile durch neue zu ersetzen. Das mit dem Zerlegen ging dann erstaunlich schnell. Nach zwei Tagen bzw. etwa 10 Stunden war außer Telegabel und Schwinge alles zerlegt und fein säuberlich sortiert in der Garage verteilt.
Dabei wurde schnell klar, dass die gesamte Elektrik ein Fall für den Mülleimer war. Naja, wenigstens ist außer Kabelbaum und Zündspulen an so einer Jawa nicht viel dran was ersetzt werden müsste. Die 80 Euro dafür sind also schon mal eingeplant. Alles andere war in mehr oder weniger gutem, aber mit Sicherheit zunächst noch brauchbaren Zustand. Jetzt kamen die zwei ersten Herausforderungen.
Die Schwinge hatte schon beim ersten kurzen Wackeltest locker 0,5 cm Spiel. Also musste das Schwingenlager raus und geprüft werden. Das es mit der Schwinge etwas länger dauern würde konnte ich in diversen Foren im Netz schon lesen. Also drei Tage lang jeden Abend etwas WD40 auf den Schwingenbolzen geträufelt und an Tag Nummer 4 mit einem großen Hammer ran an die große Reparatur.
Mit einem passenden Stahlbolzen und ordentlich Wums ging es zur Sache. Nach etwa 10 Minuten wusste dann sicher auch der gesamte Ort, dass ich gerade den Schwingenbolzen austreiben will. Nach gut einer Stunde hatte das kleine Scheißerchen dann verloren. Ich hatte mir sehr viel Mühe gegeben den Bolzen unbeschädigt aus dem Lager zu bekommen. Nach einer sehr kurzen Sichtprüfung hätte ich mir den Aufwand aber auch sparen können. Der Bolzen war definitiv hinüber da völlig abgeschliffen. Damit wären schon mal weitere 25,- Euro fällig.
Die Gabel leistete weniger Widerstand, allerdings wohl nur deswegen, weil ich mir vorher die Ausbauanleitung und ein paar aussagekräftige Zeichnungen besorgt hatte. Der Lenkkopf nebst Lager sah an sich noch gut aus nur die Muttern waren hinüber bzw. von einem der Vorbesitzer so derb mit nem Meißel bearbeitet worden, dass man sie wohl besser austauschen sollte. Also würden auch hier wieder ein paar Euronen fällig werden.
Nachdem der Rahmen vollständig abgestripped war wurden auch die ersten komplizierteren Reparaturen sichtbar. Einer der früheren Besitzer hatte den Hobel wohl mal kräftig auf die rechte Seite geworfen. Dort waren jedenfalls zwei Halterungen weggebrochen bzw eingerissen. Beide hatten aber keine tragende Funktion. Die eine hielt das rechte Fußrastenrohr in seiner Position fest, die andere eine der zwei Halteschrauben für den Auspuff. Außerdem war die Halterung für den seitlichen Griff ausgebrochen und die beiden Motorhalteplatten der vorderen Motoraufnahme waren in jeweils einer Bohrung ausgerissen.
Mit etwas Stahlblech der passenden Stärke und einem fachkundigen Schweißer sollte das ein lösbares Problem sein.
Der Rest sah zunächst mal ganz brauchbar aus. Die Blechteile müssten alle neu lackiert bzw. verchromt werden und alles was "gammelig" war konnte man später noch gegen Neuteile austauschen. Dazu zählten auch beide Räder. Funktional völlig ok sahen sie einfach mal zum Brechen schön aus. Mit Polierwatte allein war da nix mehr zu retten. Aber auch hier gab es genug Ersatzteile zu akzeptablen Preisen.
Bilanz nach 18 Stunden Arbeit:
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Jawa vollständig zerlegt
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Rahmen reparaturbedürftig
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zwingend notwendige Teile: 326,- Euro (fehlten oder waren vollständig unbrauchbar)
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optional notwendige Teile: 737,- Euro (sind noch brauchbar aber beschädigt)
Das einzige was wohl richtig ins Geld gehen würde war der Motor. Bei einem der Kolben fehlte ein Ring und wenn die 80.000 km auf der Uhr stimmten würden wohl auch einige andere Teile überarbeitet oder ausgetauscht werden müssen. Im schlimmsten Fall wäre für 1300 Euro ein komplett überholter Motor fällig. Doch darum werde ich mich später kümmern. Jetzt kommt erstmal der Rahmen dran ...