Es war im Sommer 1990 in der DDR, kurz vor der deutsch-deutschen Wiedervereinigung. Ich ging in die 10. Klasse und damals war es irgendwie normal einen Mopedführerschein zu machen. Da ich einer der älteren meiner Klasse war, konnte ich sogar den Motorradführerschein in Angriff nehmen. Für knappe 260 Mark und mit nur einem zerfahrenen Rücklicht war ich alsbald stolzer Besitzer eines Führerscheins der Klasse A und durfte Zweiräder bis 150 ccm bewegen.

Mein erster fahrbarer Untersatz war dann eine legendäre Simson S51 4 Gang. Das Teil musste wirklich leiden. Sommers wie Winters bin ich jede Woche mit dem Ding die knappen 40 Kilometer vom Wohnheim nach Hause bzw. zurück gedüst. Da meine Schwester während der knapp 2000 Kilometer, die sie vor mir damit gefahren ist, niemals in einer Werkstatt war (und mir das leider nicht sagte) flog mir kurz vor der regulären 6000 km Inspektion das Getriebe auseinander.

Von einem Klassenkameraden kaufte ich für ein paar hundert D-Mark eine neue. Die begleitete mich auch bis 1992. Dann war ich es leid von den LKWs überholt zu werden und holte mir mein erstes “richtiges” Motorrad. Eine MZ ETZ 150. Da das Design etwas bieder war wurde sie kurzerhand umlackiert und mit längeren Federbeinen, Handprotektoren und einer kleinen Plastikverkleidung zur Enduro umgebaut.
Ein knappes Jahr später kaufte sich mein Freund sein erstes Auto. Da ich mittlerweile 18 war und somit alles fahren durfte, was zwei Räder besaß (ein Hoch auf den guten alten Ossi-Führerschein) kaufte ich ihm seine 250er MZ ab. Zur Enduro taugte die leider nicht, also wurde so eine Art Cruiser draus. Kürzere Federbeine, neuer Amaturenhalter, verchromte Blinker und Spiegel und ein paar schicke Chromgepäckträger und das Teil sah gleich um Welten besser aus.
Leider zerlegte ich im Jahre 1995 bei einem Trip ins Riesengebirge (mit Freundin, Zelt, Luftmatratze, Schlafsäcken und Gepäck für 2 Wochen Camping) die Kurbelwellenlager. War wohl doch etwas überladen das gute Stück ;o).
Jedenfalls kam mir da ein Angebot meines Händlers gerade recht, der eine schicke blaue Honda Revere 650 für sage und schreibe 4000,- DM im Angebot hatte. Also schlug ich zu und alsbald war der “Dicke Dackel” (irgendwie sah das Teil halt so aus) mein. In irgendeiner Ausgabe der MOTORRAD hat ein Tester mal folgendes über diese Karre gesagt: “Irgendwie langweilig, es geht nie was kaputt.” Was soll ich sagen, er hatte recht. Abgesehen von ein paar Sturzteilen (einen Dank an alle Dosenfahrer die die Karre beim Ein/Ausparken umgenietet haben) und den nicht ganz so regelmässigen Inspektionen ging auf knappen 40000 Kilometern nix zu Bruch. Als Student war mir das ganz recht, denn viel Kohle hatte ich nie.

Mit dem Ende des Studentenlebens kam auch das Ende des “Dicken Dackels”. Für 20 Euro und mit einigen Altersschwächen trat ich sie an den nächsten Studenten ab und stattete einem (un)freundlichen Suzuki Händler einen Besuch ab. Seit März 2003 nannte ich nun eine brandneue SV 1000 S mein Eigen.
Der Sprung von brutalen 60 auf satte 120 Pferde war schon etwas prickelnd. Zumal für Anfang Juni ein Trip in die französischen Alpen geplant war. Also wurden die ersten 1000 Kilometer fluchs in 4 Wochen runtergespult und nach der ersten Inspektion ging es ab in den Urlaub.
So eine 1000er ist ein zorniges kleines Biest aber ich hab mich mit ihr angefreundet. Mittlerweile stehen schon einige tausend Kilometer auf der Uhr. Fast sturzfrei versteht sich.

Da ich zur vom Aussterben bedrohten Spezies der Winterfahrer gehöre, bin ich gelegentlich auch bei Eis und Schnee auf zwei Rädern unterwegs. So auch im Januar 2010 als ich die 1000er Suzuki mal wieder zur Durchsicht zum Motorraddealer meines Vertrauens schaukelte. Da es Januar war und nur wenige bekloppt genug sind bei Schneefall Motorrad zu fahren, bekam ich als "Ersatzmaschine" eine kleine 125er. Zuerst habe ich den Hubraumzwerg ja milde belächelt aber ich muss gestehen, ich bin noch nie so sorglos und entspannt durch frisch rieselnden Schnee gefahren wie mit der kleinen Möhre. Die 1000er Suzuki hat mir da immer etwas Schweiß auf die Stirn getrieben. Von dieser Leichtigkeit angetan und mit dem Wissen, dass ich es hasse die SV nach einer Regenwoche zu Putzen, hat mich ein verlockendes Angebot meines Händlers wieder in meine Teenagerzeit zurückkatapultiert und ich habe mir die kleine 125er SuperMoto als Regen- und Winterfahrzeug zugelegt - und mal ganz unter uns, man fühlt sich wieder wie 16 wenn man mit dem Teil um die Ecken "heizt".

Und dann war da noch "Sie" - die Unausgesprochene. Das personifizierte schlechte Gewissen eines jeden Motorradschraubers. Sie, die per Zufall irgendwann in den 90ern den Weg in die heimatliche Garage fand und nach anfänglicher Euphorie dort ein trauriges Dasein fristete. Sie, die in meiner Fantasie glänzend und makellos über den Asphalt glitt und einen smarten jungen Mann nebst bezaubernder Sozia in zünftiger Lederkluft unter den neidischen Blicken der Passanten durch den sommerlichen Fahrtwind schaukelte. Sie - eine 50 Jahre alte Jawa 350. Ein echter Oldtimer. Chrom, Lack, Eisen und der typische Duft nach Öl und Leder.
In der Realität sah "Sie" dann aber ganz anders aus. Ein halb zerlegter Klumpen rostigen, dreckigen und verölten Eisens der nun schon seit fast 15 Jahren auf die lang geplante Restauration wartete, immer wieder auf das nächste Jahr vertröstet in dem man bestimmt einen passenden Ort zum Schrauben und die nötige Zeit dafür finden würde.
Im Oktober 2009 war es dann so weit. Da ich mittlerweile eine eigene kleine Werkstatt hatte, trat "Sie" sorgsam in Decken gehüllt und teilweise in kleine Kisten verpackt ihren Weg von der polnischen Grenze ins Schwabenländle an. Dort angekommen hat sie sich mittlerweile in ein ganz bezauberndes kleines Prachtstück verwandelt und gleitet gelegentlich glänzend und makellos über den Asphalt mit einen smarten jungen Mann ... naja, oder so ähnlich.

 


Daten und Fakten

1990 - 1991

Motorrad: Simson S51 E, Einzylinder 2-Takt Motor, 50 ccm, 4 PS

Trips:

  • Zur Schule und wieder zurück, zum See und wohin man als Teenie halt so fährt

Legendäre Trips:

  • fällt mir keiner ein

Gesamtfahrleistung: ca. 4000 km

Umbauten:

  • MZ TS Federbeine hinten
  • modifizierter Vergaser
  • modifizierter Auspuff

1991 - 1992

Motorrad: Simson S51 E, Einzylinder 2-Takt Motor, 50 ccm, 4 PS

Trips:

  • Zur Schule und wieder zurück, zum See und wohin man als Teenie halt so fährt
Legendäre Trips:
  • Februar 1992, im Dunkeln bei minus 7 Grad 80 Kilometer von Guben nach Senftenberg in Jeans und Halbschuhen um einen Drucker abzuholen, der dann irrtümlich schon weg war

Gesamtfahrleistung: ca. 3000 Kilometer

Umbauten:

  • MZ TS Federbeine hinten
  • modifizierter Vergaser
  • modifizierter Auspuff

1992 - 1993

Motorrad: MZ ETZ 150 E, Einzylinder 2-Takt Motor, 150 ccm, 15 PS

MZ ETZ 150 - Nach UmbauTrips:

  • Sommer 92 ins tschechische Riesengebirge (ca 800 km)

Legendäre Trips:

  • Februar 1993, im Schneegestöber auf spiegelglatten Straßen nachts um 10 zu meiner damaligen Freundin und wieder zurück (knappe 20 km). Sie hatte mich zu sich gebeten um mit mir Schluss zu machen.

Gesamtfahrleistung: ca. 5000 km

Umbauten:

  • Härtere Federbeine hinten
  • Schwarz umlackiert
  • Lampenverkleidung, Handprotektoren
  • Umbau auf 105er Hinterrad
  • modifizierter Vergaser

1993 - 1995

MZ ETZ 251 - Vor UmbauMotorrad: MZ ETZ 251, Einzylinder 2-Takt Motor, 250 ccm, 24 PS

Trips:

  • zu zweit nach Dessau um meine Schwester ein paar Tage zu besuchen

Legendäre Trips:

  • Sommer 1995, zu zweit mit kompletter Campingausrüstung für 14 Tage ins tschechische Riesengebirge

Gesamtfahrleistung: ca. 10000 km

Umbauten:

  • Kürzere Federbeine hinten
  • modifizierter Instrumententräger
  • Chromblinker
  • Chromgepäckträger
  • Chromspiegel
  • modifizierter Vergaser

1995 - 2003

Motorrad: Honda NTV 650 Revere, Zweizylinder 4-Takt V-Motor, 650 ccm, 60 PS

Trips:

  • Sommer 1999, 1 Woche Ostsee
  • Sommer 2000, 1 Woche Ostsee

Legendäre Trips:

  • Sommer 2001, 14 Tage Ungarn mit 800 km Anreise bzw. Abreise an jeweils einem Tag

Gesamtfahrleistung: ca. 40.000 km

Umbauten:

  • Trägersystem + Givi Koffer
  • BSM Future Endschalldämpfer
  • Kleine Scheibe
  • Sturzbügel

 

2003 - ????

Suzuki SV100S - OriginalzustandMotorrad: Suzuki SV 1000 S, Zweizylinder 4-Takt V-Motor, 1000 ccm, 120 PS

Trips:

  • Juni 2003, in 6 Tagen ca. 30 Pässe (die Hälfte über 2000m) und 3200 km in den französischen Alpen abgefahren
  • September 2004, 6 Tage Alpenglühn in Italien, 2550 km inklusive Neuschnee ab 2500 m
  • Mai 2005, 4 Tage französische Alpen, knappe 2500 km und Schnee ab 2000 m
  • 2006, 5 Tage Alpen (Italien, Schweiz), knappe 2500 km und Minusgrade über 2000 m
  • Januar 2007, 400 km Rundtour durch den Schwarzwald inklusive der höchsten Pässe. Ein Hoch auf die globale Klimaerwärmung ;o)
  • Juli 2008, 500 km Rundtour durch den Schwarzwald
  • Juli 2010, 7 Tage Alpen, 3500 km
  • August 2019, 5 Tage Schwarzwald mit meinem Sohn als Sozius, ca. 800 km

Legendäre Trips:

  • Die erste Runde auf meiner Hausstrecke nach Pforzheim und zurück
  • Juni 2009, 5 Tage Alpen, 3000 km, ein abgebrochener Bremshebel, ein paar Kratzer im Auspuff und Packtaschen in denen das Wasser 10 cm hoch stand.

Geamtfahrleistung: bisher 53.000 km

Umbauten:

  • ScottOiler
  • Neuer Kennzeichenhalter
  • LED Miniblinker hinten
  • Original Suzuki Tourenlenker
  • Heizgriffe (ja, ich fahre auch im Winter)
  • TomTom Rider Navi
  • MRA Variotouringscreen
  • FAR Spiegelblinker
  • Original Suzuki Vollverkleidung
  • LED Verkleidungsblinker
  • Original Suzuki Soziussitzabdeckung
  • SW-Motech QuickLock Trägersystem
  • GIVI Koffer E41 Keyless und Topcase V46, jeweils in Silber

Macken:

  • Der Kupplungsnehmerzylinder (der am Motorblock) ist eine einzige technische Fehlkonstruktion. Nach 18.000 km ist nun bereits der vierte eingebaut (alle auf Garantie). Da der letzte mit einer zusätzlichen Manschette gegen den Dreck von der Kette gesichert ist scheint der jetzt wohl länger zu halten. Jedenfalls macht er es jetzt schon 32.000 km mit gelegentlichem Reinigen und immer brav Kuppungsflüssigkeit nachfüllen.
  • Die Sensoren der Einspritzanlage scheinen zum einen extrem schlecht eingestellt und zum anderen extrem verschleißempfindlich zu sein. Jedenfalls wollte meine Karre (so wie viele andere wohl auch) bevorzugt bei Regen oder nach dem Waschen nicht mehr so richtig laufen. Ursache für Zündaussetzer, schlechte Gasannahme und extrem hohen Spritverbrauch ist ein falscher Wert des Drosselklappenpotentiometers der den Öffnungswinkel der manuell betätigten Klappe ans Steuergerät schickt damit diese Einspritzmenge und Stellung der zweiten (motorisch betriebenen) Drosselklappe regelt. In der bevorzugten Stelllung (bei mir so zwischen 3500 und 4500 Umdrehungen) verschleißt die Fläche im Sensor durch Vibrationen sehr schnell und liefert dann, durch den lokal veränderten Widerstand, beliebig unsinnige Werte. Da der Sensor an sich funktioniert und auch "gültige" aber eben falsche Werte übermittelt steht nichtmal ein Fehlercode im Steuergerät und die Werkstatt sucht sich dämlich und findet nix. Nachdem die Werkstatt dann alles mögliche neu einstellt (Ventilspiel, Drosselklappenpoti, Vergasersynchronisation, ...) ist es kurzzeitig manchmal besser. Dann treten die Probleme aber immer häufiger auf und irgendwann wusste auch die Werkstatt nicht mehr weiter. Da die Karre dadurch quasi unfahrbar wird (12 Liter / 100km, ewiges Ruckeln, Ausgehen, Hoppeln, Sprotzen und Stinken) stand sie dann lange nur so rum und wurde nur gelegentlich mal bewegt.
    Kurz bevor ich sie hätte verschrotten lassen gab ich ihr und mir noch eine Chance. Der Schrauber meines Vertrauens riet mir, sämtliche Teile die irgendwie beteiligt sind nacheinnader durch neue zu ersetzen. Weil es am billgsten war, kam zuerst das Drosselklappenpoti dran. Das war es dann auch. Seitdem läuft sie wieder wie ein Bienchen.

2010 -2019

Suzuki DR125SM - OriginalzustandMotorrad: Suzuki DR125SM, Einzylinder 4-Takt Motor, 125 ccm, 11 PS

Trips:

  • Da die kleine Suzuki nur als Winter- und Dreckwetterfahrzeug gekauft wurde, habe ich damit nie irgendwelche größeren Touren fahren. Ein paar Mal bin ich mit meinem Sohn als Sozius eine wirklich kleine Runde Richtung Schwarzwald gefahren.

Legendäre Trips:

  • bisher keine

Gesamtfahrleistung: 8.000 km

Umbauten:

  • Winterreifen IRC Urban Snow
  • Motorsturzbügel
  • Handprotektoren

1995 - ?????

Jawa 354 - Nach RestaurationMotorrad: Jawa 354, Zweizylinder 2-Takt Reihenmotor, 350 ccm, 16 PS

Trips:

  • Als ich die Jawa 1995 als einen großen Klumpen rostigen, dreckigen und öligen Alteisens bekommen habe, standen 85.000 km auf dem Tacho. Daher denke ich der kleine Renner hat in seinem Leben schon einige Touren hinter sich. Ich werde sie nach der Restauration aber eher nicht für die ganz großen Ausfahrten nehmen

Legendäre Trips:

  • Die ersten 500 Meter nach der Restauration die Straße vorm Haus rauf und runter. Ich glaube man hat mich selten so breit Grinsen sehen ...
  • Die traditionellen Weihnachts-Ausfahrten im Weihnachtsmannkostüm. Unglaublich was Menschen alles so veranstalten, um ein Bild oder Video von mir zu machen.

Gesamtfahrleistung:

  • Vor der Restauration: ca. 85.000 km
  • Nach der Restauration: bisher 600 km

Umbauten:

  • Kettenblattträger der 175er Jawa, Kettenblatt entsprechend gebohrt und verschraubt
  • Sämtliche Schrauben durch Edelstahlschrauben ersetzt